Zeitreise: Profs in der Vergangenheit

26 Apr

Patrick Lentz als glühender BVB-Anhänger, Manfred Leisenberg der Musik-Nostalgiker und Wolfgang Krüger als Cocktailkönig von Ibiza: Neben ihrer beruflichen Karriere haben unsere FHM-Professoren ihr Freizeitleben nie aus den Augen verloren. Auf der Zeitreise in die Vergangenheit haben Sie Agi Lizik, Denise Stahlhut und Alessa Valentin begleitet.


Mai 2011 – Die Fußball-Bundesliga hat ihren neuen Meister gekürt: Borussia Dortmund. Zehntausende Fans verwandeln den Friedensplatz in ein schwarz-gelbes Fahnenmeer. Die siebte Meisterfeier der Vereinsgeschichte ist in vollem Gange. In Mitten der Jubelschar steht Professor Patrick Lentz und feiert Mannschaft und Trainer hoch oben auf dem Rathausbalkon. „So wird es kommen“, sagt der FHM-Professor siegessicher.

Die Begeisterung für seine Borussia rührt von Studienzeiten her. Sie entflammte, da hat Lentz noch selbst aktiv Sport getrieben – sehr erfolgreich sogar. Bis zu seinem 22. Lebensjahr hat der gebürtige Hammer in seiner Heimat Volleyball gespielt und mit seinen gefürchteten Schmetterbällen den gegnerischen Annahmespielern das Fürchten gelehrt. 1992 in der Jugend schaffte seine Mannschaft sogar den Sprung zu den Deutschen Meisterschaften. Doch die umkämpften Spiele und intensiven Trainingseinheiten haben Spuren hinterlassen – Lentz‘ Knie hielten der Belastung nicht mehr stand.

Doch die Sportskanone machte aus der Not eine Tugend und sattelte auf Beachvolleyball um – eine Sportart, der der 34-Jährige bis heute treu geblieben ist: „Zweimal im Monat locker weg, das lässt sich sowohl gesundheitlich als auch zeitlich besser mit allem vereinbaren.“ Zum Ausgleich strampelt der Professor auf seinem Rennrad in die Pedale. Profi-Sportler wollte Lentz trotzdem nie werden. Lieber entschied er sich für eine akademische Laufbahn. Nach erfolgreichem Studienabschluss verdiente er sich zunächst als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Marketing an der Uni Dortmund seine Sporen. Dort lernte er den extern promovierenden Eric Schirrmann kennen, der ihn um Hilfestellung bei der Auswertung seiner Dissertationsdaten bat. Schirrmann ging damals bereits seiner Lehrtätigkeit an der FHM in Bielefeld nach. Einmal auf seinen jungen Kollegen aufmerksam geworden, lotste Schirrmann Lentz in die ostwestfälische Hochschulmetropole. An der FHM war gerade eine Dozentenstelle im Bereich Mathe/Statistik vakant geworden. Lentz schlug zu, und ist seitdem nicht mehr aus den Seminarräumen wegzudenken. „Ich hoffe, dass ich noch lange an der Entwicklung dieser Hochschule teilhaben und ihr zu weiterem Wachstum verhelfen kann“, sagt Lentz.

Und wenn er mal gerade nicht Studenten mit Statistiken und Rechnungen quält, verreist Patrick Lentz – eine seiner heimlichen Leidenschaften. So ist ihm die englische Provinz bestens aus Vordiplom-Zeiten in Erinnerung geblieben. Während eines Auslandssemesters machte er Sheffield unsicher, nur die Sperrstunden der Pubs waren für einen deutschen Studenten gewöhnungsbedürftig. Genauso gewöhnungsbedürftig war allerdings auch das Verhalten der englischen Studierenden, welche auf die Glocke um 22.30 Uhr mit einer extra großen Bestellung reagierten. Austrinken ist nämlich auch nach Schlusspfiff noch erlaubt…

Im Rahmen seiner Promotion nahm Lentz an weltweiten Kongressen teil. Dabei registrierte er neben den fachlichen Inhalten auch die landestypischen Besonderheiten, wobei insbesondere die Schwankungen der Preise seine besondere Aufmerksamkeit gefunden haben. „Speziell in Skandinavien sind die Kosten deutlich höher als anderswo. Aber davon darf man sich nicht irritieren lassen – ein kühles Bier vor dem Mailänder Dom ist dann auch mal einen zweistelligen Betrag wert. So funktioniert halt Preisdifferenzierung im realen Leben!“, berichtet Lentz. Sein Traum ist es mal nach Neuseeland zu reisen.

Seine Heimat wird der Professor aber auch am anderen Ende des Globus nicht vergessen. „Bielefelder sind schon nett, und die Stadt ist schöner als ihr Ruf“, sagt Lentz. Und im Sommer können die hiesigen Lokalitäten auch mit vielen anderen Orten auf der Welt mithalten, findet er. Sein Geheimtipp: die Bentruper Mühle in Heepen. „Da kann man nach einer entspannten Radtour schön die Seele baumeln lassen“, empfiehlt Lentz.

Wir schreiben das Jahr 2020 als sich zum ersten Mal die Tür des neu eröffneten Bielefelder Plattenladens öffnet. Tausende Vinylplatten zieren Regale und Wände, aus den Boxen tönt laute Rockmusik. Ein Laden, in dem Geschichte gezeigt und Zukunft gestaltet wird. Hinter dem Verkaufstresen wartet ein grauhaariger Professor ungeduldig auf Kundschaft, um die musikalischen Schätze seiner Jugendzeit endlich an den Mann zu bringen.

Eine Zukunftsvision, die für Vinyl-Nostalgiker Manfred Leisenberg Wahrheit werden könnte. „Es war schon immer ein Traum von mir einen Plattenladen zu eröffnen“, sagt der FHM-Hochschullehrer. Seit seiner Jugend ist der 56-Jährige voll und ganz auf Musik geeicht, Classic Rock ist seine große Leidenschaft. Ein Relikt der Vergangenheit? Nicht für Leisenberg: „In der DDR konnten wir immer nur die Songs im Radio hören, allerdings nie die Platten kaufen. Jetzt bin ich dabei alles nachzukaufen. Aber das wird wohl noch einige Zeit dauern.“ 3000 Scheiben mit unterschiedlichen Titeln hat er mittlerweile angesammelt.

Ein eigenes Geschäft mit alten Vinyl-Platten ist noch Zukunftsmusik für ihn, ein anderes Hobby hat Leisenberg aber zu seinem Beruf gemacht: die Informatik. Schon zu Schulzeiten hat sein Hauptinteresse den Naturwissenschaften gegolten. „Ich wollte immer Elektroniker werden. Aber als ich dann aufs Gymnasium gehen konnte, wurde daraus doch ein akademischer Werdegang“, erzählt Leisenberg. Mit immer neuen Ideen, jeder Menge Elan und spezifischem Fachwissen ist er prädestiniert gewesen für ein Studium der Informationstechnik und der Theoretischen E-Technik. Als Student an der TU Ilmenau hat Leisenberg seine Lehrmeister teilweise an ihre Grenzen gebracht. „Ich war bestimmt kein einfacher Schüler“, verrät der heutige Hochschul-Professor mit einem Augenzwinkern.

Nach der Wende hat der damals noch recht junge Akademiker zunächst das große Abenteuer gesucht. Mehrere Auslandsaufenthalte – teils verbunden mit Lehraufträgen – haben Leisenberg geprägt. Am liebsten erinnert er sich an 1991, seine Zeit in den USA, zurück. „Wie bei fast jedem jungen Menschen, war es damals auch mein Traum nach Amerika zu kommen, wobei ich eigentlich nicht vor dem Ruhestand damit gerechnet hätte“, sagt der 56-Jährige. Während seiner Forschungsarbeit am International Computer Science Institute in Berkeley ist Leisenberg zum Kalifornien-Liebhaber geworden. Sogar an die Lomonosow Universität im fernen Moskau hat es ihn verschlagen – Leisenbergs Lehren sind über den halben Globus verteilt.

Aber auch bei ihm hat mit der Zeit das Bumerang-Prinzip gegriffen. Leisenberg ist immer wieder nach Deutschland zurückgekehrt. Seit 2002 ist er in Bielefeld angesiedelt und lehrt dort an der Fachhochschule des Mittelstands. Sein Kerngebiet: Technische Funktionen und Anwendungen des Web 2.0 – der sozialen Gegenwart im Netz. Eine Aufgabe, die er sehr schätzt. „Junge Menschen für Entwicklungen in diesem Bereich zu begeistern ist eine tolle Sache“, sagt Leisenberg. Ein Erlebnis aus seiner bisherigen FHM-Zeit ist dem Professor besonders in Erinnerung geblieben: die Reaktion eines Studenten, nachdem er durch die mündliche Matheprüfung gefallen war: „Er ging raus und schlug ein Loch in Wand.“ Das emotionale Andenken konnte noch lange danach im zweiten Stock zwischen den Toiletten bewundert werden, erzählt Leisenberg besorgt.

Manfred Leisenberg ist Hochschulprofessor aus Leidenschaft und vollem Herzen. Trotz aller Begeisterung für seinen Beruf gönnt er sich am Wochenende gerne eine Auszeit: beim Radfahren, auf einem Rockkonzert oder beim Lesen, ganz ohne Bits und Bytes. Und obwohl er sich nach soviel internationalen Tätigkeiten, Forschungen und Lehrstunden bereits jetzt den Ruhestand verdient hätte, ist der Plan für den Vollblutinformatiker ein anderer: „Im Idealfall gibt es bei mir keinen Ruhestand. Das ist eine Berufskrankheit.“ Und sein zukünftiger Plattenladen wartet schließlich auch noch auf seine Eröffnung…

Für viele ist die Umstellung vom lockeren Studentenleben auf die stressige Arbeitswelt ein Quantensprung. Wolfgang Krüger hat ihn nicht gleich gewagt. Bevor er auf einem Chefposten gelandet ist, hat er sich eine Auszeit gegönnt. Denn den Spaß am Leben hat sich der heutige Professor noch nie nehmen lassen. Direkt nach seinem Studium ist Krüger lieber in die Fluten vor den Küsten Ibizas als in die Geschäftswelt eingetaucht. Ein halbes Jahr lang hat er die Seele unter der Sonne Spaniens baumeln lassen. „Damals habe ich mein Gefühl für die Zeit vollkommen verloren. Aus heutiger Sicht eine Gabe, die ich gerne wieder hätte“, sagt Krüger.

In seinen ersten Berufsjahren hat Krüger den Arbeitskreis „Universitäre Erwachsenenbildung“ an der Universität Hannover geleitet. Dabei war er freitagmittags, wenn das Wochenende eingeleitet wurde, häufig einer der ersten, der aus dem Büro stürmte und sich mit Surfbrett in die Fluten des Steinhuder Meeres stürzte – trotz seiner Führungsposition. „Meine Autorität als Geschäftsführer wurde durch dieses Verhalten zwar etwas geschmälert“, gesteht Krüger mit einem süffisanten Lächeln. Das Wohlwollen seiner Mitarbeiter war ihm trotz seines lockeren Führungsstils jedoch gewiss. Welcher Chef hat schon sein Surfboard im Büro stehen?

Auf seiner Lieblingsinsel lässt sich immer wieder ein Bogen in die Vergangenheit des Professors schlagen. Ibiza an sich hat er schon als Kind lieben und schätzen gelernt, im Laufe der Jahre kamen die Diskotheken hinzu. Einer berüchtigten Legende zufolge hat Krüger dort übrigens auch seinen heutigen FHM-Kollegen, Prof. Volker Wittberg kennengelernt, dessen Familie ebenfalls eine Ferienresidenz auf der Insel unterhält. „Während ich an der Strandbar einen Gin Tonic trank – so könnte es jedenfalls gewesen sein – spielte der kleine Wittberg zu meinen Füßen mit Förmchen im Sand. Heute führen wir ab und zu am selben Strand Strategiegespräche“, plaudert Krüger aus dem Nähkästchen.

Einzig bei seinem Alter hält er sich bedeckt: „Die Fünfzig fand ich noch sexy, aber das was da jetzt steht…“ Dass er zu den drei ältesten FHM-Hochschullehrern zählt, kann Krüger nur schwer leugnen. Das darf ihm jedoch getrost als Weisheit angerechnet werden. Denn bei allem freizeitlichen Luxus hat Krüger immer an seiner Karriere getüftelt. Als Leiter des Bereichs Human-Resources & Marketing beim Bundesverband der AOK in Bonn hat er ein Konzept mitentwickelt, das den Versicherungsriesen zu einem einflussreichen Dienstleister machen sollte. Dabei arbeitete der BWL-Experte Hand in Hand mit Prof. Dr. Werner Kroeber-Riel, einer bekannten Größe aus der Unternehmenskommunikation.

Und im Laufe der Zeit hat sich der heutige Hochschulprofessor selbst an die Krawatten und Sakko-Gesellschaft gewöhnt. Nach einer zehn Jahre dauernden Tätigkeit im Bankenwesen und einigen Jahren als Unternehmensberater kam er ein Jahr nach der Gründung der FHM nach Bielefeld, um sein Wissen und seine praktischen Erfahrungen an die Studenten weiterzugeben. Die jedoch sollten sich trotz aller Sympathien gegenüber ihrem Dozenten genau überlegen, ob sie sich bei ihren SIP-, Bachelor oder Master- Arbeiten von Krüger prüfen lassen. Denn seit einigen Jahren hat sich der Professor zusammen mit seinem Ibiza-Freund Volker Wittberg die Prüfungen ab und zu damit versüßt, den Studierenden zur Begrüßung einen Schuss „4711“ zu verpassen. Dies sollte natürlich nur als Ablenkung von der Prüfungsangst dienen…

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